Von Führungskräften wird erwartet, dass sie Konflikte im Außen managen können. Aber was, wenn sie selbst involviert sind? Die aufkeimenden Gefühle herunterschlucken oder mal kräftig auf den Tisch hauen? Diese Notsituation bringen viele Führungskräfte in mein Coaching mit. Die hier vorgestellte Roadmap, die ich im Coaching anwende, dient der Selbstregulation in emotional aufgeladenen Konfliktsituationen

Konfliktkultur im Umbruch

Die Zeiten sind vergangen in denen man sich lautstark beschimpfte und sich öffentlich Dinge an den Kopf warf. Das wäre in dieser Form heute undenkbar. Nicht dass es weniger Konflikte gäbe – sie werden lediglich anders ausgetragen. Das gilt auch und besonders für den Umgang mit Konflikten in Unternehmen und Organisationen. Wer heute schreit, hat schon verloren. Wem es aber gelingt, auf geräuschlose Weise einen Gegner ruhig zu stellen, der gewinnt in der Regel an Respekt. Geradezu als Meisterleistung gilt es, offenkundige Beleidigungen zu ertragen, ohne mit der Wimper zu zucken.

Führungskräfte kommen immer wieder mit  Konflikthemen in mein Coaching. Sie ärgern sich über andere, sind wütend, ratlos, wissen nicht, wohin mit ihren Gefühlen. Ein echtes und aktives Konfliktmanagement heißt immer auch Gefühlsmanagement. Eine gelingende Konfliktlösung ist davon abhängig, dass die gestaute emotionale Energie gut verarbeitet wird. Wie verhalte ich mich also als Führungskraft, wenn Wut und Ratlosigkeit von mir Besitz ergreifen?

Bei sich selbst anfangen

In einem Konflikt sind wir vorerst innerlich ausschließlich mit dem Gegenüber beschäftigt(= suche die Schuld beim Gegenüber). Ich meinerseits verteidige mich nur. Das ist die uralte innere Logik des Konflikts, ob er sich zwischen Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen, Unternehmen oder gar Nationen ereignet.  Will man dem Konflikt Einhalt gebieten, muss man zwangsläufig bei sich selbst anfangen. Jedoch ist der Blick auf den eigenen Beitrag an der Konfliktsituation immer unbequem. Solange alle auf die anderen warten, passiert halt nichts.

Selbstregulation versus Selbstkontrolle

Wie als Führungskraft agieren, ohne dass der eigene Ärger oder die Wut allzu deutlich spürbar bzw. sichtbar wird? Wenn man selbst in einen Konflikt gerät, fegen die Gefühle meist alle Einsichten weg. Wie kann ich als Coache eine Führungskraft, die sich in einer solchen Lage befindet, unterstützen?

Hilfreich ist hier zunächst einmal die Unterscheidung zwischen Selbstregulation und Selbstkontrolle, wie sie u.a. Maja Storch in ihrem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) vornimmt. Aufkeimende unerwünschte Gefühle zu kontrollieren, ist eine immense Willensanstrengung und läuft meistens darauf hinaus, sie zu unterdrücken. Das kann situativ hochgradig nützlich sein, ist aber als alleiniger Hebel auf Dauer selbst schädigend. Das Konzept der Selbstregulation hingegen verlässt das Paradigma der Beherrschung, des Verbots und der Restriktion und überführt es in eine Idee der Nutzbarmachung. Die Fähigkeit, Gefühle zu regulieren, bedeutet, die inneren Bewegungen ohne Wertung anzunehmen, und sie in eine situationsadäquate Handlungsmotivation transformieren zu können.

Wer nun also im Sinne der Selbstregulation in der jeweiligen Situation weder explodieren noch alles einfach runterschlucken will, wer stattdessen einen Kurs durch den Konflikt hindurch einschlagen will, braucht etwas Praktisches, einen Leitfaden, der im inneren Tumult der Emotionen Orientierung geben kann und die eigene Handlungsfähigkeit im Businesskontext bewahrt.

Die Roadmap

Meine kleine Roadmap für die Selbstregulation im Konflikt ist durch die Arbeit mit vielen unterschiedlichen Ansätzen und Methoden entstanden. Sie besteht aus fünf aufeinander aufbauenden einfachen Schritten. Jeder dieser Schritte setzt Kenntnisse von Konzepten und Erfahrungen mit Techniken des Selbstmanagements und der Kommunikationsgestaltung voraus, die ich in meinen Coachings gerne vermittle.

1. Bodycheck (Embodiment, Achtsamkeit, ZRM)

2. Selbstregulation zwischen Reiz und Reaktion (Assoziation – Dissoziation, „Problemlösungsgymnastik“ (Gunther Schmidt), imaginative Techniken u.v.m.)

3. Auf Empfang schalten: deine Wahrheit (Anteilnehmendes Rückformulieren, Perspektivwechsel, Umgang mit OK-Positionen, Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen u.v.m.)

4. Auf Sendung gehen: meine Wahrheit (Ich-Botschaften, businesskompatible „Giraffensprache“, bezogene Konfrontation)

5. Verhandlung und Vereinbarungen

Die Wichtigkeit der Schritte ist dabei von eins bis fünf absteigend: Der letzte Schritt ist der unwichtigste, da er sich, sofern die Hürden davor sauber genommen worden sind, ganz von selbst ergibt. Die ersten beiden Schritte hingegen sind von grundlegender Bedeutung: Hier entscheidet sich, ob alles darauf Folgende überhaupt eine Chance hat. Die Roadmap fokussiert also im Wesentlichen auf die Vorarbeit zum eigentlichen interaktionellen Geschehen. Es geht um die Arbeit an den eigenen inneren Prozessen, um die Haltung in einer Konfliktklärung. Meine Aufgabe dabei ist die Führungskräfte hier in ihrer Selbststeuerungskompetenz zu begleiten und zu stärken.

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